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2006

Globale Erwärmung, Klimawandel und damit mögliche extreme Wetterlagen sind mehr und mehr diskutierte Phänomene, die auch in ihrer Auswirkung auf den Weinbau betrachtet werden müssen. So sind auch für das Jahr 2006 Rekordwerte bei den Wetterdaten zu registrieren. Allgemein lässt sich aber feststellen, dass die zunehmende Erwärmung über die letzten zwanzig Jahre den Rheingau durchaus als einen der Gewinner dieses Phänomens zeigt. Gerade die gesteinsreichen Böden in den höheren Lagen als Ausläufer des Taunus werden es auch in der Zukunft erlauben, trotz höherer Temperaturen das ideale Bild des Rieslings mit Finesse, Mineralität und feiner Säure zu zeigen.

Nach einem zeitlich normalen Austrieb erfolgte 2006 eine leicht verfrühte Blüte. Die weiteren Entwicklungsphasen durchliefen die Trauben dann, trotz eines leichten Defizits bei den Niederschlägen, sehr rasant, was vor allem an einem Monat, dem Juli, lag, der der heißeste Juli seit Beginn der Geisenheimer Wetteraufzeichnungen (1884) war. Die Rahmen- bedingungen über den Sommer bis hin zum Herbst ermöglichten, trotz durchwachsenen Wetters im August, wie übrigens auch im Jahr 2005, eine perfekte Vollausreifung der Trauben. Diese Vollausreifung der Trauben tritt in den letzten zwei Jahrzehnten auf Grund der erhöhten Durchschnittstemperaturen immer früher ein und stellt auch nicht mehr die eigentliche Herausforderung für die Winzer dar. Vielmehr ist die frühere Ernte bei höheren Temperaturen und einem kleineren Zeitfenster für die qualitätsoptimierende Selektion die Messlatte. So hieß es gerade auch beim Jahrgang 2006 bei Ausreifung des Lesegutes zeitig mit der Ernte zu beginnen, aber auch die Chancen einer längeren Hängezeit der Trauben bis in den November hinein zu nutzen. Nachdem die Gutsrieslinge auf Weingut Robert Weil schon alle bis Mitte Oktober, und zwar bei hoher physiologischer Reife, aber auch kerngesund, durch die selektive Ernte eingebracht waren, hatten wir dann mit unseren 80 Erntehelfern auch die Zeit und Muße, in unserer Grand-Cru-Lage, dem Kiedricher Gräfenberg, im nunmehr achtzehnten Jahr in ununterbrochener Folge alle Prädikate bis zur Trockenbeerenauslese mit 223° Oe einzubringen.

Es lässt sich also festhalten, dass der Jahrgang 2006, mit seinen Extremen in der Vegetationszeit und einer besonderen strategischen Herausforderung im Erntemanagement, gerade auch auf Grund der Regenfälle in der ersten Oktoberhälfte, allgemein eine große Bandbreite in der Qualität hervorgebracht hat. Wir auf Weingut Robert Weil sind mit dem Jahrgang 2006, der uns über sieben Wochen Erntezeit keinen Tag Pause ließ und Arbeitstage von 14 bis 18 Stunden notwendig machte, qualitativ mehr als zufrieden. Auch mit der Erntemenge, die nur wenig unter dem langjährigen Mittel liegt, können wir noch zufrieden sein.

Dass wir aber die Chancen des Jahrgangs optimal umsetzen konnten, verdanken wir gerade auch unseren Weinbergen, die als Höhenlagen alle Vorteile aus der Erwärmung für den Riesling nutzen konnten und die, auch auf Grund kleiner, lockerbeeriger Trauben und guter Durchlüftung der Anlagen, die äußerst wichtige Gesundheit des Lesegutes garantierten. Nach dem „Körperjahrgang“ 2003, dem „Klassiker auf höchstem Niveau“ 2004 und dem 2005er als der „Symbiose aus 2003 und 2004“, steht der Jahrgang 2006, ohne ihn voreilig hierarchisch einzuordnen, in der Kontinuität seiner Vorgänger – nur so viel sei gesagt: die Natur hat uns gleichermaßen gefordert wie beschenkt.